Der Verein, des Deutschen liebstes Kind.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich, dem Geist der Aufklärung geschuldet, die Forderung nach bürgerschaftlichem Bildungs- und Verantwortungsbewußtsein und damit die grundlage für das Vereinswesen. Dieser Zeitabschnitt war auch im Herzogtum Nassau, respektive in der hiesigen Region, eine Epoche der Vereinsgründung.  Neben den gelehrt-geselligen Vereinen entstanden landesweite Wirtschafts- und Gewerbevereine. Darüber hinaus gründeten sich bis in kleine Dörfer hinein zahlreiche lokale Vereine. Insbesondere Gesangs-, Turn- und Sportvereine, die mehrheitlich deutschnational ausgerichtet waren.
Im Umfeld der Revolution von 1848 entstanden Landwirtschafts-, Frauen-, Verschönerungs- und Feuerwehrvereine. Vor allem aber kam es im Rahmen der Revolution zu neuen politischen, oft demokratisch ausgerichteten Vereinsgründungen. Im Verlauf der Revolution lösten sich mehrere der älteren Bildungs- und Lesevereine auf und wurden durch neue, stärker politisch ausgerichtete Nachfolger abgelöst. Die Kultur der sogenannten „Kriegervereine“ entstand nach der deutsch-französischen Auseinandersetzung von 1870/71.
Alles in allem zeigt die Analyse eine ehemals vielfältige Vereinskultur im Mikrokosmos „Usinger Land“.

Auf Vereinsfeierlichkeiten hört man heute immer wieder  Aussagen wie: „Die Vereine sind das Rückgrat des öffentlichen Lebens, ohne Verein (ohne ehrenamtliche Tätigkeit) läuft nichts.“ Womit die Redner*innen in der Regel durchaus Recht haben. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass der Verein nichts Selbstverständliches ist. Vielmehr ist er das Ergebnis einer bestimmten, beschreibbaren historischen Entwicklung, einmal entstanden als Ganzes oder als einzelne Vereinsgattung und er kann somit auch wieder verschwinden. Seine Existenzgrundlage ist das sozial-gesellschaftliche System seiner Umgebung. Wird dieses System gestört, sei es durch demografische Veränderungen, geändertes Freizeitverhalten, politische Verhältnisse oder gar staatliche Eingriffe, so ist ihm ein Ende beschieden. Vereinskultur ist stetig im Wandel.

Aus diesem Sachverhalt heraus entstand eine Forschungs- und Sammelstelle, welche sich mit der gewesenen hiesigen Vereinskultur beschäftigt. Ziel soll gegenwärtig (noch) keine moderne Vereinsforschung sein, sondern in erster Linie die Untersuchung einstiger freiwilliger Vereinigungen, die sich aus dem gesellschafts-politischen Umfeld heraus entwickelten und nach gewisser Zeit wieder verschwanden oder sich wandelten. Der Gründungs-Zeitraum ist zunächst bis 1945 [maximal der beginnenden 1950er Jahre] umrissen.

Das derzeit im Aufbau befindliche "Vereinsarchiv Usinger Land" ist aktuell im Treisberger Ortsarchiv untergebracht.
Gesammelt werden Hintergrundinformationen und Fotomaterial einstiger Vereine aus allen Ortschaften innerhalb der historischen Grenze des ehemaligen "Amt Usingen". Interessant sind ältere Festschriften insbesondere aber auch Auskünfte über den Verbleib oder den Aufbewahrungsort alter Vereinsfahnen, damit diese dokumentiert (fotografiert) werden können. Auch Hinweise auf bislang noch unbekannte Vereine sind willkommen. Die Grunddaten, sowie spezifizierte Informationen der jeweiligen Vereine werden in Datenblättern erfasst. Über eine Kontaktaufnahme würden wir uns freuen. Wir freuen und über jeden historischen "Mitwisser".

Zunächst ist vorgesehen, die bereits bekannten und als loses Konvolut im Archiv vorhandenen Vereinsunterlagen, sowie die disponiblen Hinweise auf ein glaubhaftes Vorhandensein diverser Vereine und Verbände zu systematisieren und in einem Ortsverzeichnis den ehemaligen eigenständigen Gemeinden zuzuordnen. Als zweiter Schritt erfolgt dann in einem Vereinsverzeichnis ein Abriss über Entstehung und Entwicklung der diversen Vereinskonstellationen im Kontext ihrer Zeit.
Der interessierte Nutzer wird feststellen, dass es ehemals im Usinger Land, neben den allgemein bekannten Sport-, Gesangs-, Militär- und Gesellschaftsvereinen, noch eine Vielzahl von unbeachteten und wenig erforschten Vereinen, Gemeinschaften, Innungen und Gruppen gegeben hat. Ihnen gilt es nachzuspüren. Die Sammlung sieht sich als volkskundliches Forschungsfeld im Hinblick auf Formen und Funktionen der ehemaligen Vereine.